Reiseerlebnis Linienbus (Ich will nicht schwarz fahren)

Vorweg gesagt, dies soll kein "Shitstorm" auf die Dortmunder Stadtwerke werden. Nein, ich möchte ebenfalls vorweg anmerken, daß die von mir genutzten Verbindungen exzellent waren und ich mir durchaus vorstellen könnte, irgendwann einmal aufs "Öffeln" umzusteigen.

Aber von vorn und zum Thema:
                                    
Seit sehr wahrscheinlich fast 30 Jahren bin ich schon nicht mehr Linienbus gefahren, sondern gehöre zu den Mega-Bequemies, die für alles und jedes das Auto nutzen. Nun ja, dafür hat man es ja auch gekauft.
Will aber damit sagen, daß ich mich mit dem "Öffeln" halt nicht mehr auskenne. 
Aber nun ist es soweit: Für einige Monate habe ich kein Auto und, halt, ich habe weder meinen Führerschein abgeben müssen, noch mein Wägelchen zu Schrott gefahren. Jemand anderes braucht es gerade mal dringender.
Also, ab in den Linienbus.
                                   
DSW21 wirbt sehr für's Online-Ticket, und für sowas bin ich immer zu haben. Schnell die App heruntergeladen und erstmal für den Anfang ein 10-er-Ticket gekauft. 
Es ist von äußerster Wichtigkeit zu erwähnen, daß es für ein 10-er-Ticket keine andere Kaufmöglichkeit als online in Form eines Handytickets gibt.
Mit wohl ausreichend technischen Fähigkeiten und der nötigen Intelligenz ausgestattet habe ich es dann natürlich geschafft, solch ein Ticket auf mein Handy zu laden.
                                  
Die Fahrplanauskunft in der App ist hervorragend, und ich stelle fest, wie einfach ich zwischen Büro und Wohnung hin- und herpendeln kann.
Dann geht's endlich auf zur ersten Fahrt, und ich zeige lässig dem Busfahrer mein Ticket und frage, wo denn das Gerät ist, vor das ich den Barcode halten muß.
                                   
So etwas gibt es allerdings nicht, noch nicht, wie mir der Busfahrer erklärt. Erst im Dezember würden die Busse damit wohl aufgerüstet. Es genüge, wenn ich ihm das zeige.
Auf meine Frage hin, auf welch myteriösem Wege denn durch sein Angucken allein eines von 10 Tickets wohl heruntergezählt würde, konnte er mir nur den Hinweis geben, daß die Kontrolleure, falls welche kämen, das einscannen und sehen könnten, ob das Ticket gültig ist.
Na ja, habe ich nicht wirklich verstanden und setze mich, in dem festen Glauben, ganz sicher jetzt schwarz zu fahren in die Linie 438 nach Wellinghofen. 
In meinen Handynotizblock notiere ich sicherheitshalber, in welcher Busnummer man mir um 9:51 h diese Auskunft gegeben hat, weil ich einen Beweis haben will. Ich komme mir etwas seltsam vor.

Kurzes, nettes Intermezzo:
Ich komme kurz vor knapp bei meiner Physiotherapie an und entschuldige mich damit, daß ich jetzt mit dem Bus gekommen bin. Das löst bei meiner Therapeutin ein merkwürdiges Stirnrunzeln und Verwirrung aus, denn draußen auf dem Parkplatz steht ja kein Bus!
Ich bin halt schon abgestempelt als diejenige, die immer mit dem Bus unterwegs ist, aber natürlich als Reiseleiterin mit dem Reisebus, und sie dachte nun, ich wäre mit diesem Bus gekommen. Ich, eine Memme beim Autofahren, auch noch am Lemkrad eines Reisebusses?!
Das kann ich doch wirklich niemandem antun! (Übrigens ein Grund mehr, auf Öffentliche umzusteigen)

Aber zurück zu meinem Handyticket. Ich experimentiere mit der App, denn ich will es einfach nicht hinnehmen, daß ohne Barcode-Ablesung einfach so die Tickets abgefahren werden können.
Ich entdecke die Option "10-er Ticket kaufen/abrufen" und klicke sie hoffnungsvoll an. Die sich öffnende Seite droht mir dann an, wenn ich jetzt "ok" klicke, gäbe es kein Zurück mehr und das Ticket wäre gekauft. Mach ich einfach mal und bin ab da in dem Glauben, ich hätte jetzt eines von den 10 Tickets heruntergeladen, denn ich bekomme die Meldung "Ticket 90 Minuten gültig ab jetzt".
Und dennoch, klicke ich die Option "gekaufte Tickets" an, steht dort nichts.
Mich beschleicht der Verdacht, daß ich vielleicht jetzt schon wieder ein komplett neues 10-erTicket erworben habe und sehe sicherheitshalber auf meiner Kreditkartenabrechnung nach, aber es ist alles in Ordnung.
Am nächsten Tag erwische ich beim Warten auf den Bus einen Mann mit einem DSW21-Schild am Hemd, und er wird Opfer meiner Forschungsfragen. 
Was soll ich sagen, er kann es mir nicht erklären, wie das mit dem Handyticket und/oder Ticketabruf funktioniert. Wäre alles neu, und eigentlich genüge es, wenn ich die PDF-Datei mit dem Barcode einfach dabei hätte. Solange mich der Busfahrer damit einsteigen lässt, ist alles gut. Der hätte Hausrecht, meinte er, und entscheidet wen er mitnimmt und wen nicht.
Also fahre ich munter weiter, immer noch mit dem komischen Gefühl, am Ende doch schwarz unterwegs zu sein.
Und heute endlich stand auf meinem Programm ein Ausflug in die Innenstadt, und siehe da, an der Haltestelle Kampstraße ist ein DSW21-Kundencenter! Jippieh!!
Die müssen es wissen, doch der erste Kollege holt schon gleich einen zweiten hinzu.
Ich demonstriere mein Vorgehen mit dem 10-er-Ticket-Abruf, will aber nicht über das "Wenn-Sie-jetzt-ok-drücken-kein-Zuück-Droh-Feld" hinaus, denn ich brauche ja gerade kein Ticket.
Der Kundenberater drängt allerdings, ich solle das mal tun, also mache ich das und habe ein Ticket gekauft, obwohl ich jetzt gar keines will! 
Ich will es wieder gutgeschrieben haben, aber das kann er nicht machen .
Und ich will jetzt endlich wissen, über welche Funktion ich mal abfragen kann, wieviele Tickets von Zehnen ich bereits verschleudert habe oder auch nicht.
Diese Option finden die beiden Herren auch nicht. Sie sind hilflos, wie ich.
Ich müsste normalerweise bei jedem Abruf ein neues Barcode-Ticket angezeigt bekommen! 
Kriege ich aber nicht, und beide stellen fest, daß es wirklich nicht funktioniert und ich vermutlich trotz "Kauf mich oder ruf mich ab" nie wirklich ein Ticket gekauft habe.

Ich weiß, jetzt könnte es für Uneingeweihte unübersichtlich werden, daher beschließe ich die ganze Sache mit dem Hinweis der Mitarbeiter, daß man sie leider nicht für diese Handytickets geschult hätte, was eine Schande ist, liebe DSW-Direktion, und die im Kundencenter hätten auch keine Ahnung (ich dachte aber, ich wäre im Kundencenter, denn das Wort stand doch draußen an der Tür).

Ich bekam eine Telefonnummer, unter der mir möglicherweise geholfen werden kann, und den Hinweis, ich könne ganz beruhigt auch wieder einfach so zurück fahren, denn innerhalb der nächsten zwei Stunden wären auf meiner Linie keine Kontrolleure unterwegs.
Aber HALLO, in zwei Stunden wieder zurück? 
Geht gar nicht, denn ich will shoppen. Da müssen die beiden DSW-Berater allerdings neben der Handyticket-Schulung auch noch lernen, daß eine Frau mit zwei Stunden in der Stadt doch niemals auskommt.

Was ich durch ein paar Tage Linienbus fahren auch noch gelernt habe ist, was sich alles in so vielen Jahren geändert hat. Man darf nur noch vorn einsteigen und hinten aus.
Vorbei also die Zeiten, wo man sich wie damals nach Schulschluß noch in die hintere Bustür eingeklemmt hat, um nicht nochmal eine halbe Stunde auf den nächsten Bus warten zu müssen?
Vorbei die Zeiten, in denen man dann am Zielort auch nicht mehr aus dem Bus rauskam, weil man mittlerweile irgendwo in der Mitte eingequetscht war?
Und die Fahrgäste halten dem Fahrer artig ihre Fahrausweise vor die Nase. Dazu wäre zu meiner Schulzeit gar kein Platz gewesen!
Und mittlerweile grüßen einige den Busfahrer sogar, doch fehlt immer noch das I-Tüpfelchen, das in England Gang und Gäbe ist, nämlich sich beim Busfahrer zu bedanken, daß man mitfahren durfte.

Ich werde genau das nächste Woche einmal tun, in der Hoffnung, daß für den Fall, daß ich doch gerade mal wieder schwarz gefahren sein sollte, ich mich wenigstens ordentlich für die Freifahrt bedankt habe.


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