Gedanken am Sonntagmorgen

Keine Sorge, hier kommt nicht das Wort zum Sonntag, nichts Kirchliches, nichts Geistliches. Aber geistig schon, denn ich sitze auf einer Bank auf der Terrasse beim Bäcker und tue, was ich sonst nur auf Reisen mache, wenn ich mal ein paar Stunden frei habe. Eine gemütliche Tasse Kaffee trinken, dumm in die Gegend gucken und die Menschen beobachten. 
       
Mehrere Hunde werden vor dem Geschäft geparkt. Ein Labrador, ein Golden Retriever, ein Irgendwas, ein Spitzgedackelter und eine Art Langotto (Trüffelhund). Ein Doberman darf mit in die Bäckerei, das ist hier erlaubt. Es besteht ja auch keine Gefahr des Überfalls aufgrund verlockender Düfte. Welcher Hund möchte schon Croissants oder Maisbrötchen? Obwohl, Kuchen....?
Der Doberman hat auf dem Geschirr "Kampfhund" stehen, und ich frage mich, ob das bei der Rasse tatsächlich nur ein Witz sein soll. 
Vor über 30 Jahren gab es beim Busreiseveranstalter TRD Reisen einen Wach-Doberman namens 'Fido' - Gott hab' ihn selig, oder auch nicht. Da hat man doch am besten vorher angerufen, ob der frei rumläuft, damit man beim Betreten der Omnibushalle nicht geschreddert wurde. Eigentlich doch sogar richtig hübsche Hunde, seit sie wieder normale Ohren und Schwanz haben dürfen.

Nun gut. Die Bäckerin nennt den Dobermann "Schätzelein", oder vielleicht auch seinen Besitzer, das konnte ich nicht so genau ausmachen, denn so eine Bäckerei ist voll am Sonntag früh um 9:30 h.

Jeder zweite, der reingeht, möchte "ein paar schöne, frische Brötchen". Hier wird tatsächlich ein Substantiv zusammen mit zwei Adjektiven zu einem einzigen feststehenden Begriff. Ich konnte es wirklich mehrfach vernehmen. "Schöne, frische Brötchen", aber manche möchten nur "frische Brötchen". 
Gibt es denn sonntags früh auch alte Brötchen? Und gibt es auch Brötchen, die nicht schön sind?
Das sind Fragen, die die Welt bewegen. Nun ja, zumindest aber mich an diesem Morgen.

Die älteren Herren, die hier morgens im Back-Café ihren Kaffee schlürfen, kennen sich und grüßen in einer lustigen Art und Weise, die man zumindest hier im "Pott" öfter hört.
"Morgen. Wie geht's? - "Muß, und selbst?" - "Auch."
Warum "muß" es denn (gehen)? In diesem Satz steckt für mich eine Grundfrustration. Das Leben muß weiter gehen, obwohl es nicht gut ist!? Ist doch egal, dann geht's halt mal nicht!

Ich empfinde jedenfalls gerade eine kleine Art von Idylle: Die Kirchenglocken läuten (übrigens morgens fast 20 Minuten, da beschwere sich nochmal irgend einer über einen Muezzin), die neue 30-Zone durch den Vorort wirkt. Nun ja, am Sonntag um die Zeit ist ohnehin kaum ein Auto unterwegs. In der Woche hingegen hat hier die Polizei eine neue Fund-und Geldgrube ausgemacht.
Ein Mann brüllt seinen auf die Straße ausgebüchsten Strubbelhund mit mehrfachem "STOP" an, aber den interssiert das nicht. 
In meinen Kaffee ist eine kleine Fliege eingetaucht und ertrunken. Da ich ihn nicht umgerührt habe, merke ich erst fast auf dem Grund, daß die Milch darin ranzig ist.
Jetzt kann ich nicht mehr reklamieren. 

Alles ist schön. Muß ja!







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