The story of a surprise -Teil 2

Nun bin ich in Edinburgh gelandet. Geflogen unter Eurowings Flugnummer saß ich allerdings in einer Maschine von Czech Airlines. Hier gab es sogar Getränke und ein Sandwich gratis! Daß ich das für den schmalen Euro, den der Flug gekostet hat, noch erleben durfte!
                          
Und die machen sogar die Flugzeugtüren vorne und hinten auf. Das Aussteigen geht also schnell.
Nun beginnt mein Abenteuer "Mietwagen".
Links fahren ist kein Problem, aber es ist ein britischer Wagen mit dem Lenkrad auf der falschen Seite. Das sehen die Briten zwar nicht so, aber ich. Doch es funktioniert super, vor allem für mich als 
Linkshänderin.
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Ich wühle mich aus dem Flughafengelände raus und ab auf die M90 Richtung Norden.
Durch verlässliche, geheime Quellen weiß ich längst, daß meine Freundin in einem nahe gelegenen Hotel zum Mittagessen einen Tisch für sich und eine Nachbarin gebucht hat. Ich fahre also genau dort hin.

Zu meiner großen Freude stelle ich fest, daß die neue Brücke über den Forth-Fjord fertig ist. Ich genieße meine ganz persönliche Überquerungspremiere und fahre kurz ab, um an einem Aussichtspunkt ein Foto zu machen.     
                       
Da stehen sie nun, zwei alte Ladies und eine brandneue. Die rostrote berühmte Eisenbahnbrücke, eines der Wahrzeichen Edinburghs, die alte Straßenbrücke und das neue, weiß-silbern glitzernde  Wunder.
Auf der alten Brücke fährt keiner mehr, also kann man zumindest momentan zu Fuß drauf. Vielleicht wird sie instand gesetzt? Eine Brücke, die jahrelang gute Dienste getan hat, einfach wegschmeißen? Das wäre absolut unbritisch und vor allem auch komplett gegen die sparsame schottische Natur.
Warten wir's ab, denn nächsten September haben wir wieder eine Gruppenreise nach Schottland, dann finde ich raus, was hier Sache ist.

Balbirnie House ist ein schönes Anwesen, ein 4-Sterne-Hotel mit einem Restaurant und einer Brasserie. Das Ambiente stammt aus dem  18. Jahrhundert. Gediegener georgianischer Stil. 
Der eine oder andere mag vielleicht wissen, daß man die Architekturstile in Großbritannien nach den zur jeweiligen Zeit herrschenden Königen benennt. Im 18. Jahrhundert ehrte man damit gleich vier Könige namens George. Und das, obwohl die aus Hannover kamen und kaum Englisch sprachen, oder sogar kein einziges Wort, wie der erste dieser Sorte. Dafür, daß sich die deutschen Georgs eher weniger um die Kultur des Landes scherten, dessen Thron sie nun bewachen mussten, ist das sehr beachtlich. Hätten die Briten damals schon gewusst, daß in nicht allzu ferner Zeit die beliebte,  langlebige Victoria auf den Thron folgen sollte, hätte man vielleicht schon vom prä-viktorianischen Stil gesprochen. Aber ach, die hatte doch auch ein Faible für alles Deutsche, und als wäre das nicht schon schlimm genug, auch noch für Schottland, aber lassen wir das jetzt.
Womit ich aber am Ende dieses Exkurses dann doch wieder die Kurve nach Schottland geschafft habe.
                                
An der Rezeption werde ich gleich abgefangen. Wahrscheinlich, weil ich suchend gucke. Das britische "Can-I-help-you-Syndrom" läßt mich nicht ungefragt entkommen.
Na gut, dann texte ich die eben zu mit meiner Überraschungsgeschichte und frage, wo Mrs. Wilson denn ihren Tisch reserviert hat. Aber es gibt keine Reservierung auf diesen Namen.
Nun muß ich etwas ausholen, warum ich überhaupt weiß, daß sie heite hier zum Essen geht, denn sie hat es mir ja nicht gesagt.
In einer komplizierten Aktion, Google sei Dank, habe ich herausgefunden, daß ihr Lieblingsrestaurant in Cupar (Kingdom of Fife) ist, denn dorthin wollte ich sie zum Dinner einladen. 
Erfahren hatte ich nur, in welchem Ort es ist, daß es klein ist und von einem Ehepaar schon über 30 Jahre geleitet wird. All diese Hinweise schluckt Google bereitwillig und schmeißt Ergebnisse aus. 
Sogar 29.600 Stück. Glücklicherweise ist ausgeschlossen, daß es in einem Ministädtchen wie Cupar so viele Restaurants gibt, somit bin ich schnell fündig geworden. "Ostlers Close" heißt es, und ich darf vorwegnehmen: Wann immer es euch möglicherweise einmal in diese Gegend verschlägt, geht dorthin. Es ist einmalig. Absolut köstliches Essen in familiärem Ambiente und netter Smalltalk mit der Inhaberin Amanda. Sie war es auch, die ich angefunkt habe, ob sie meine Freundin kennt und ihr Restaurant damit als das gesuchte offenbarte. 

Wir waren "partner in crime", wie sie es später bezeichnete, denn sie fand für mich heraus, was meine Freundin an ihrem Geburtstag unter Umständen vor hat, und das war eben ein Mittagessen im Balbirnie House.
     
Da ist es also jetzt, das herrliche Anwesen. Schottland ist voll von diesen wunderbaren Residenzen, in denen man sofort auf die Idee kommt, hier mal einen Urlaub zu verbringen. Die obligatorischen Hirsche im Landschaftspark sind auch da, fehlt nur der einsame "Piper" am Eingang oder irgendwo in der von Heide überwucherten Pampa.
Was will man mehr?
Ich will meine Freundin finden, aber auf ihren Namen ist hier nichts reserviert. Ob der Tisch auf einen anderen Namen gebucht wurde, will die Rezeptionistin mir helfen. Jetzt wird es schwierig. Ich teste einige Namen durch, die ich in Gesprächen schon einmal habe fallen hören: Margret, Rae, Isabel.
Treffer! Es ist Isabel, deren Nachnamen ich nicht kenne, aber wieviele Isabels können für heute hier schon einen Tisch reserviert haben?
Man geleitet mich in die Brasserie im Untergeschoß. Dort ist es gemütlich düster, was mir sehr entgegen kommt, denn dann sieht sie mich nicht sofort.
Ich finde sie mit den Rücken zu mir sitzend und nähere mich, total aufgeregt, denn ich will sie ja nicht erschrecken, daß sie am Ende noch ohnmmächtig wird. Ich tippe sachte auf ihre Schulter, und sie wendet sich mir zu, irgendwie komisch milde lächelnd, mit deutlichen Fragezeichen im Gesicht. 
Ganz eindeutig erkennt sie mich nicht auf den ersten Blick, denn zum einen trete ich etwas vermummt auf mit dickem Mantel und doppelt bis zur Unterlippe gewickeltem Schal, zum anderen ist es düster. Vor allem aber rechnet sie doch nicht mit mir, hier, einfach so, an einem Ort, den ich eigentlich gar nicht kennen dürfte und vor allem nicht wissen kann, daß sie jetzt gerade dort speist.
Sie überlegt, ob ich eventuell eine ehemalige Schülerin sein könnte. Sie war Lehrerin.
All das dauert natürlich nur einige Sekunden, bis sich dann ihr Gesicht spontan versteinert, weil sie nicht glauben kann, wen sie da sieht.
Sie springt vom Stuhl auf und vollbringt einen seltsamen Freudentanz, sehr zur Verwunderung der anderen Gäste. Ihre Freundin Isabel versteht überhaupt nichts mehr, doch in Nullkommanix klärt sich alles auf.
Ich bin heilfroh, daß sie den Schock überlebt hat. Obwohl sie sich bester Gesundheit erfreut, hatte ich meine Bedenken. Aber die schottische Luft und Lebensart konservieren die Menschen anscheinend auf wundersame Weise. Ihre Nachbarin hatte erst im Alter von 92 das Zeitliche gesegnet.
Es sind also nicht nur die Queen und Prince Philipp, die ein extrem hohes Alter erreichen. Bei beiden müssen wohl auch die sommerlichen Aufenthalte im schottischen Balmoral ein lebensverlängerndes Elixir sein. 
Bei einem leckeren Karotten-Kürbissüppchen erzähle ich meine ganze Geschichte, von den Anfängen der Planung bis zu diesem Moment und habe einen Volltreffer an Überraschung gelandet. Zwischendurch muß ich sie immer wieder beruhigen, daß wir jetzt Zeit haben, denn das Paket, dessen Lieferung durch UPS ich für den Zeitraum zwischen 15 und 18 Uhr angekündigt hatte, gibt es ja nicht wirklich. Es war nur ein Mittel zum Zweck, sie im Haus zu halten, damit sie mir nicht entkommt.
Daß ich sie nun hier vorher abfangen konnte, hat alles noch ein wenig spannender gemacht.

Daß ich ab da in der schottischen Nachbarschaft wie eine außergewöhnliche Showeinlage gehandelt wurde, die extra aus Germany eingeflogen kam, erzähle ich in einer weiteren Folge.




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