König François I unter die Lupe genommen

Da ist er also: Der Ritterkönig, der zwischen 1,80 und 1,90 m grosse Renaissance-Souverän von Frankreich.                
Ein wahrer Riese für seine Zeit. Die Menschen müssen schon allein deswegen ehrfürchtig gewesen sein. Noch dazu kommt sein legendärer Sieg bei Marignano in Italien, mit dem er Frankreich den lange gehegten Wunschbesitz des Herzogtums Mailand erfüllte.
                                    
Direkt danach zog er sich an die Loire zurück und gab sich dem Bauwahn hin. Und auch seiner ihm angetrauten Bretonen-Ehefrau Claude de France, wobei eben letzterer sicher nicht immer so gern.
Elf Schlösser ließ er bauen. Und wofür? 
Er ist viel gereist, war rastlos und unternehmungshungrig. Als König musste man selbstverständlich immer im Land unterwegs sein, damit alle Untertanen einen auch sehen und wissen, von wem sie regiert werden.
Dafür haben wir ja heute Fernsehen und Internet. Und dennoch reist auch im 21. Jahrhundert so mancher Monarch durch die ganze Welt, um seine Anhänger, Untertanen und dem Land verbundene Völker zu besuchen.
Für François gab es dann noch zusätzlich die Rivalen, die er mit Pracht und Prunk übertrumpfen musste. 
Man stelle sich einmal vor, so wäre das heute noch. Queen Elizabeth II baut ein Riesenschloß, nur um  Schwedenkönig Carl Gustav auszustechen!
Dann kommt der ein einziges Mal zu Besuch, staunt eine Runde, und das war's. Elizabeth schließt hinter ihm ab, verzieht sich auf ein anderes Schloß und überlässt das neue sich selbst.

So geschehen im 16. Jahrhundert mit Schloss Chambord. François betrachtet sich als Favorit in der Bestechungsschlacht um die Kaiserkrone. Sein Mitstreiter: Karl von Habsburg, König von Spanien, der am Ende die besseren Karten hatte, oder einfach mehr Geld zum Bestechen der Kurfürsten, die den Kaiser wählten.
Wenigstens dem Konkurrenten dann einmal das Prunkschloss zeigen, für das er sich finanziell so verausgabt und extra ein Sumpfland hat trocknen lassen, muß sich François gedacht haben und lud Karl nach Chambord ein.
      
So in etwa muß der Anblick auch damals schon gewesen sein (Dank an Gisela für die Frontalansicht) als Karl ankam und sicherlich gar nicht erst anfing, die ganzen Türmchen zu zählen. Und wer bis dahin nicht begriffen hatte, daß das Wappentier von François ein Salamander war, der wurde bei einem flüchtigen Blick auf die Kassettendecken aufgeklärt.
                                   
Karl von Habsburg muß vor lauter F's überall sicherlich schwindelig geworden sein. Und wenn dadurch noch nicht, dann ganz sicher beim Aufstieg in der ausgeklügelten Wendeltreppe. 
                       
Zu dumm, daß alle, oder zumindest die meisten Baupläne von Chambord verloren gegangen sind, so daß sich heute die Wissenschaftler die Zähne ausbeißen müssen, um das Rätsel von Chambord zu lösen. 
Wollte François seine Besucher mit der Treppe nicht nur beeindrucken, sondern auch in die Irre führen?
Es gibt zwei Aufgänge, man sieht sich ab und an, begegnet sich aber nie. Erst oben auf der Terrasse trifft man aufeinander, doch dann geht die Verwirrung schon weiter, weil man vor lauter Türmen und Kaminen - selbstverständlich auch wieder durchdekoriert mit Salamandern und F's - nicht mehr klar denken kann.
Hat bei der Konstruktion Leonardo da Vinci seine technisch versierten Hände im Spiel gehabt? Es ist fast undenkbar, daß ein solches Genie seiner Zeit, das extra aus Italien an den französischen Hof importiert wurde, hier nicht mitgewirkt hat.
Last, but not least, gilt es zu entschlüssseln, warum die Zahl 8 so oft dort auftaucht. Sogar einige Salamander haben ihre Schwänze zu einer 8 gerollt.
Chambord ist ein Schloß zum Staunen, so ein Märchending, ein Prinzessinnentraum.
  
Wir stehen auf dem Dach, bewundern den seit dem Frühling wieder aufgebauten Renaissancegarten, für den ein millionenschwerer US-Bürger ca. 3,5 Mio. locker gemacht hat und fragen uns, auf wessen Seite wir uns schlagen sollen: Auf die der Wiederaufbauer, die uns als Touristen soviel Schönes bescheren, oder auf die Seite des Bürgermeisters von Chambord-village, der ob des ganzen royalen Getöses wie ein HB-Männchen an die Decke geht, weil die Übernachtungsgäste künftig alle in den an das Schloß gehefteten Hotels übernachten und nicht in seinem Dorf?
Er meint jedenfalls, daß das ganze "royal, royal" ihm auf die Nerven geht. Schließlich ist Frankreich doch eine Republik, n'est-ce pas? Oder lauert da doch schon wieder ein François oder Louis in der Ecke, um nochmal so richtig an den Schlössern herumzudekorieren?
Wildschweine und Hirsche für die Jagd sind im Chambord immer noch vorhanden, die Räume zum Wohnen allerdings eher leer, aber das Schloß war ja auch nicht unbedingt zum Wohnen gebaut worden, sondern zum Protzen.
Der gute François hat sich, hier scheiden sich die Geister, nur zwischen 40 und 60 Tagen dort aufgehalten. Und das bitte schön noch nicht einmal am Stück!
Das genügt noch nicht einmal zum Salamander zählen.
                                
Wohnen im Schloß von Blois ist da schon angenehmer, aber dazu schreibe ich in einem anderen Post.
Bonne journée.













   





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