Der Warden-Collie

Wer braucht noch einen Border-Collie, wenn man einen Warden-Collie hat?
Ist es eine neue Hunderasse? Nun ja, wie man's nimmt, es ist auf jeden Fall ein Lebewesen mit Hütehund-Ambitionen.
Wir lernten ihn kennen, als wir auf unserem vorreservierten Campingplatz im Westen Schottlands zu spät ankamen. Sprich, als das Büro des "Warden" (Platzwart) schon geschlossen war.
       
Ordnungsgemäß rufe ich natürlich vorher an, um unsere Verspätung zu melden, doch ich erreiche nur den 'Auto-Warden', also seinen Anrufbeantworter.
Au weia, eine mit rollenden R's, I's, die sich wie E anhören, und langen O's gespickte schottische Ansprache (nooo one is therrre, the office es cloooosed) überrollt mich. Aber ich komme klar und spreche mein Sätzchen in Oxford-Englisch auf Band, nicht vergessend, mich für die Verspätung dreimal zu entschuldigen.
In der Regel wohnen diese 'Wardens' in der Saison auf den Campingplätzen oder ganz nah dran und kommen auch zum Einchecken noch zu späterer Stunde raus, und darauf hoffe ich.
Es ist Licht im Büro, die Hoffnung steigt. Ein weiterers Pärchen parkt hinter uns und will auch noch einchecken. Wir rufen abwechselnd den 'Warden' an, doch ohne Erfolg, und beschließen auf meine mutige Initiative hin, uns selbständig einen freien Platz zu suchen.
Wir möchten natürlich nicht die Planung des Platzwartes durcheinander bringen, aber was soll man schon machen? Die Nacht vor dem Campingplatz verschimmeln? Auf die wunderbare Aussicht aufs Meer verzichten?
       
Die Lage des Platzes ist wirklich einmalig. Und sämtliche Stellplätze sind durch die Neigung des Terrains zur Küste hin mit Meerblick belohnt. Das Meer vor Augen, die Berge rollen im Hintergrund vor sich in der Dämmerung hin.

Wir finden ein traumhaftes Plätzchen und parken ein. Neben uns ein französisches Paar, das es sich schon draussen auf den Campingstühlen in der Sonne mit einem Whisky vor der Nase gemütlich gemacht hat. Ja, wir haben tatsächlich auch mal Sonne.

Ich frage sie, ob neben ihnen der Stellplatz vielleicht schon von jemandem belegt ist, der nur noch nicht von seinem Ausflug zurückgekehrt ist, aber nein, die beiden sind auch erst 5 Minuten da und haben sich genauso eingeschlichen wie wir.

Ich bin voller Bewunderung, wie man schon 5 Minuten nach dem Einparken das gesamte Sitzmobiliar aufgestellt, sich darin installiert und schon einen Drink in der Hand haben kann.

Wir unterhalten uns ein wenig und kommen überein, daß wir eventuell den Platz morgen wieder räumen müssen, falls eine andere Stelle für uns eingeplant war.


Und dann kommt er! In seinem grünen Landrover! 

      
Ich glaube, in Schottland fahren alle, die einen Job auf irgend einem Anwesen haben, sei es Campingplatz oder Schloß, einen grünen Landrover.

Der Platzwart ist da und fährt die Stellplatzreihen auf und ab, um Falschparker und Platz-Selbstaussucher ausfindig zu machen.

Er findet uns, seine entlaufenen Schafe, und stellt uns zur Rede.

       

Ich gestehe, daß uns bewusst war, daß dieser Platz vielleicht nicht der für uns geplante war und wir uns nicht selbständig machen durften, mache ihm jedoch deutlich, aber unter den üblichen mehrfachen 'sorrys' , klar, daß wir keine andere Wahl hatten und unser Bestes gegeben haben, ihn auffindig zu machen.

Ich soll zu seiner Frau ins Büro gehen, sie wäre jetzt dort. Ich gehorche sofort und mache mich mit meiner Kreditkarte bewaffnet auf den Weg. 

In der Zwischenzeit hält der 'Warden Collie' meinen Mann samt Wohnmobil und auch den Franzosen in Schach.

Dann werden wir eingewiesen. Und wir waren bei der Wahl gar nicht schlecht, parkten wir doch nur 3 Plätze von dem uns verordneten entfernt.

Abstellen, Sonnenuntergang genießen und den aus den Cotswolds mitgebrachten Whisky genießen. Wir sind nicht ganz so schnell wie die Franzosen, aber in der Ruhe liegt die Kraft.

Wir genießen die Aussicht auf den dahin dämmernden Himmel über einem ruhigen Meer und auch auf die Nachbarwohnmobile und -wagen, von denen es einige aber wirklich wissen wollen. Voll geflaggt, mit Diskobeleuchtung und bunt blinkenden, hoch in die Luft ragenden Leuchtstäben setzen sie ihre ganz persönliche Note in die Landschaft. Wir haben sowas nicht (wollen wir auch nicht). Wir haben noch nicht mal mehr einen Hund, der sich voller Freude auf einem Musterbeispiel an mit der Nagelschere gestutzten englischen Rasen lümmelt (und beides hätten wir gern, den Hund und solch einen Rasen).


Guten Morgen Schottland.

      

An der herrlichen Luft lässt es sich prima schlafen, und wir sind entspannt.

Bis ER kommt, der 'Waren Collie". Langsam rollt sein Landrover wieder durch die Reihen auf der Suche nach Sündern. Und wir sind es wohl wieder, weil wir doch endlich bezahlen sollen.

Das wollte ich gestern schon, aber "the offece was offeshially clooosed".

Ich renne also was das Zeug hält zu seiner Frau und regle die Bezahlung für drei Nächte. Jetzt kann es richtig gemütlich werden.


Jeden Tag sehen wir ihn, auf und ab fahrend, auf der Suche nach wild parkenden Wohnmobilschafen und sich selbständig machenden Wohnwagenböcken.

Seine Gute-Nacht-Runde hat er jetzt erledigt, und ich verabschiede mich in die nächste schottische Frischluftnacht am Meer.






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