Vorhang auf! Die norwegische Frühstücks-Show!

Eigentlich war nur Urlaub angesagt. Kurzurlaub zumindest. Aber ich kann halt nicht anders als auch das eine oder andere anzugucken und auf mögliche Tauglichkeit für zukünftige Reisen zu prüfen. 
So auch hier in Oslo über Weihnachten.
Doch kommt der Spaß dabei definitiv dieses Mal nicht zu kurz, und das geht schon beim Frühstück los. 
Das Scandic Hotel Holmenkollen Park gefällt mir gut, obwohl schon ein wenig in die Jahre gekommen. Aber in Norwegen ist man ohnehin nicht auf Luxus und wunderprächtige Optik gepolt, das habe ich schon allzu oft festgestellt. Die Hotels sind nett, aber schwer einer Kategorie zuzuordnen. 
Und vielleicht ist das sogar gut so. 
Einstufung in Hotelsterne gibt es in Norwegen noch gar nicht so lange, aber seien wir mal ehrlich: Es gibt doch so viele Unterschiede und besondere Feinheiten. Von mir aus sollen die diese Einstufungen abschaffen und einfach nur beschreiben, was das Hotel hat oder nicht hat. 
Geschmäcker sind bekanntermaßen so extrem verschieden, dass sowieso der eine einem Hotel schwärmerisch 4  Sterne attestiert, und der andere direkt im Anschluss meint, man könne es hier keinesfalls aushalten.
Doch zurück zum Holmenkollen. Das ist übrigens quasi der Hausberg der Osloer. 
Hier ragt die Skisprungschanze in den Himmel, und hier steht das Hotel, das aussieht, als wäre es eben der Wikingerzeit entsprungen. 
Holz überall, gemütliche, typisch norwegische Stuben mit dem obligatorischen Elchkopf über dem Kamin. Und von außen Verzierungen, die einen an Wikingerschiffe erinnern. 
Hierhin wollte ich immer schon mal, und jetzt endlich stehe ich dort, bzw. sitze am Frühstückstisch, umgeben von einem üppigen Frühstücksbuffet, das niemand eigentlich ganz und gar bewältigen kann. 
Von den unterschiedlichsten Brotsorten, über Fische in   endlosen Variationen, dem süßlich-karamelligen, bräunlichen „Geitost“ (Ziegenkäse), kompletten Gemüsepfannen, die als Mittagessen durchgehen, bis hin zum „blöd gekochten Ei“ gibt es alles Mögliche. 
Natürlich meint der Norweger damit ein weich gekochtes Ei, aber meine wortwörtliche Fantasie-Übersetzung gefällt mir halt besonders gut. 
Ich liebe übrigens auch „Bløt-Kake“, das ist Sahnetorte. Wer hätte sowas Leckeres hinter so einem Begriff vermutet? 

Ich entscheide mich, zum Frühstück mal auf Styling und Schminke zu verzichten. Schließlich bin ich im Urlaub, mich kennt hier keiner und der Norweger gilt ja auch als relativ tiefenentspannt. 
Dennoch sind natürlich eine ordentliche Jeans und ein Pulli an Bord.
Aber darauf hätte ich tatsächlich verzichten können, denn was sich mir an Menschen beim Frühstück präsentiert, ist höchst außergewöhnlich und lässt mich zweifeln, ob der Norweger nun tiefenentspannt oder schlichtweg verrückt ist. 
Selbstverständlich sind auch Touristen aller möglichen Nationen hier, aber die Einheimischen überwiegen ganz klar. 
Da laufen Kinder im Schlafanzug rum. Ok, ist noch akzeptiert, denn wahrscheinlich sind die Eltern froh, sie überhaupt an den Frühstückstisch zu kriegen. 
Aber da! Ein Mann im Schlafanzug! Es ist kaum zu glauben, aber wahr. So sehr ich mich auch bemühe, mir irgend eine neue Art von Jogginganzug vorzustellen, es führt zu nichts. Es ist und bleibt ein Schlafanzug! Auch auf einem solch hastig-heimlich aufgenommenen Foto kann man das noch gut erkennen. Die Frisur des jungen Mannes ließ darüberhinaus deutlich erkennen, dass er vom Bett direkt an den Frühstückstisch gefallen war. Die Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und waren wirklich noch nicht annähernd in die Nähe eines Kammes gekommen. 
Dann taucht eine Frau auf, die in einer Art Trance-Zustand ihren Teller mit Rührei Richtung Tisch balanciert. Damit sie dabei nicht über irgendwelche Absätze stolpert, hat sie einfach gar keine Schuhe angezogen, sondern läuft auf Socken. 
Menschen im Hotel! So einen Roman hat es mal gegeben. Ich könnte ihn neu schreiben.
 
Ein kleines Mädchen wurde von der Mutter ganz fein herausgeputzt. Immerhin ist das hier ein Weihnachtsfrühstück, oder mildern wir es mal ab als Frühstück am Morgen des Heiligen Abends. 
Es ist aber auch zu vermuten, dass beim Outfit der Kleinen zwei Meinungen aufeinander trafen: Kind will unbedingt ein weihnachtliches, ärmelloses Bling-Bling-Paillettenkleidchen anziehen, und die Mutter weist daraufhin, dass es Winter ist und empfiehlt ihr bei Null Grad wenigstens warme Schuhe. So kommen die fetten, pink farbigen Gummistiefel zum Outfit hinzu. 
Es ist ein Anblick, zu dem ich immer wieder rüberschauen  muss! 
Ein Foto ist nicht möglich, denn das Mädchen flitzt die ganze Zeit um die Tische herum. In Gummistiefeln rennt es sich halt schneller als in Schuhen mit Absätzen. Und sie muss sich definitiv warm laufen, denn das Bling-Bling-Kleid lässt sie sichtlich frösteln. 

Ein kleiner Junge kommt an unseren Tisch und präsentiert seinen Schlafanzug mit Autos drauf. Ein Mann tapert mit einem blöden Pulli mit grinsendem Rentier drauf vorbei. Na ja, daran ist man ja auch bei uns seit „Bridget Jones“ gewöhnt. 

Nun bin ich überaus gespannt, wie das hier heute Abend beim Weihnachtsbuffet, dem berühmten Julbord aussehen wird. 
Ich mache mir heftige Gedanken, ob ich mit einer leicht schimmernden Hose und einer relativ eleganten Bluse nicht hoffnungslos over-dressed bin. Mein Mann denkt gar an ein weißes Hemd mit Jackett! 










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