Mein schlimmster Kunde: ICH !

"Wir fahren aber nicht schon wieder nach England!? Nein, das macht doch gar keinen Sinn, denn von Hamburg aus wäre das viel zu weit."
Mit dieser Feststellung vorab plane ich unseren Winterurlaub - sofern man 5 Tage tatsächlich "Urlaub" nennen kann. Wird wenig sein in diesem Jahr - einmal fünf, einmal sechs Tage. Für jemanden, der im Reisebüro von Urlaub umzingelt ist, kaum zu glauben.


Eine Freundin habe ich auf eine lange Kreuzfahrt geschickt und als Dankeschön versprochen, sie nach Hamburg zu fahren und "Tschüss" zu winken. Von dort aus soll es dann ein paar Tage in den Urlaub gehen.
Dazu braucht man Ideen, die ich bekanntermaßen in Massen habe. Meine Kunden kann ich in den meisten Fällen mit wenigen gezielten Vorschlägen schnell überzeugen - mich aber leider nicht.
Ich bin mein schwierigster Kunde, was ich schon mehr als genug feststellen musste.

Ich will Ruhe, ich will was sehen, ich will Kultur, ich will Natur, ich will Städte, ich will im Schlafanzug frühstücken, ich will in Lokalen gut essen gehen (nicht im Schlafanzug), ich will kein zweites Mal an dieselbe Stelle fahren, ich will shoppen, Wohnkomfort, etwas Meer, etwas Berge, ich will Englisch sprechen, ich will... ich will... ich will!


Viel Spaß mit meinen Wünschen, lieber Reiseberater! Ach herrjeh, das bin ich ja selbst. Ich schmeiß´ mich aus dem Laden.
Das Fatale an all diesen Wünschen ist: Auf meiner geliebten britischen Insel bekomme ich die alle erfüllt. Da nimmt man ein Ferienhaus abseits einer Stadt, mitten im Feld oder auf einem Hügel gelegen, das Meer nicht weit entfernt, und wenn dieses Häuschen dann auch noch in Schottland steht, sind auch Berge zum Greifen nah. Es gibt eine hohe Dichte an guten Pubs, in denen man entgegen der landläufigen Meinung gut essen kann. 

Viele Dörfer bieten interessante Häuser, somit wird meine Vorliebe für die unterschiedlichsten Architekturstile befriedigt. Außergewöhnliche Shops hinter uralten Fassaden stillen den Wunsch nach Stöbern-bis-zum-Abwinken. Und die Auswahl an britischen Ferienhäusern bietet jede Menge Wohnkomfort nach meinem Geschmack.
Und Englisch spricht man da ja auch! 
Ich komme ins Grübeln und rechne die Kilometer von Hamburg nach Calais zum Eurotunnel aus. Zu weit für ein paar wenige Tage. Mist! Obwohl, vier Nächte kriegen wir dann doch noch zusammen....
Aber nein, wir fahren nicht wieder nach England!

Ich laufe in meinem Büro auf und ab - sehe meine schönen neuen Bürostühle mit britischer Flagge.
Nein, die Idee ist gestorben. Ende - Aus- Basta!
Das einfachste ist, wir fahren an die deutsche Nordseeküste. Ehrlich gesagt brenne ich überhaupt nicht für die deutsche Nordseeküste. Die Ferienwohnungen dort hauen mich einfach nicht vom Hocker und sind für meinen Geschmack zu teuer für das was sie an Ausstattung und Stil bieten.
Man muss in der Regel selbst eine Endreinigung machen oder dafür zahlen, Strom abrechnen und Bettzeug  und Handtücher mitbringen. In England hingegen ist es üblich, schön bezogene Betten vorzufinden, Handtücher im Bad, sogar die notwendigsten Waschutensilien, Strom ist inklusive, und am Ende ziehe ich einfach die Haustür hinter mir zu und fahre. Die Reinigung ist im Preis inklusive.
Bei meiner Ankunft finde ich die notwendigsten Dinge für das erste Frühstück vor: Brot, Butter, Milch, Kaffee, Tee, Müsli und evtl. auch mal eine Flasche Wein.
So möchte ich meinen Urlaub beginnen und genießen.
Aber nein, wir fahren nicht wieder nach England.


Mein Mann schlägt die deutsche Ostseeküste vor. Rügen oder Usedom.
Im Ernst!? Da fahren wir doch genauso weit. Da können wir doch auch wieder...... Nein! Wir fahren dieses Mal nicht nach England.
Er macht dann noch den Versuch, einfach ein paar Tage in Hamburg zu bleiben. Aber ich mag Hamburg nicht so besonders, wie eigentlich alle größeren Hafenstädte, und kontere mit einer Kreuzfahrt. Im Winter kreuzen die Ozeanriesen natürlich irgendwo in der fernen Sonne, und deren Wärme kann man nur genießen wenn man fliegt. Mein Mann fliegt nicht.
Fällt weg.

Der kurz aufflackernde Gedanke meines Mannes, einfach zu Hause zu urlauben, wird von mir als nicht akzeptabel abgebügelt.

Ein Wellness-Hotel wäre doch schön. Alter Meierhof in Glücksburg ist super. Von der Sauna aus auf die Flensburger Förde gucken, im Wald spazieren gehen und nach Dänemark rüber fahren, um leckere "Poelser" zu essen. Ein kurzer Blick auf die Zimmerkapazitäten zeigt: Ausgebucht! Zumindest möchte uns das Hotel nicht für einen Kurzaufenthalt. Dann eben nicht.

Wir könnten nach Kiel fahren und mit der Color Line eine Minikreuzfahrt nach Oslo und zurück buchen. Das ist etwas Wunderbares, wenn man es nicht schon gefühlte 20 Mal im Rahmen einer unserer Gruppenreisen gemacht hat.
Fällt weg.

Die Nordseeinseln wollten wir uns eigentlich der Reihe nach vorknöpfen. Auf Langeoog waren wir schon, und es war schön. Juist wollten wir mal....
Doch wie sieht es denn im Winter mit den Fährverbindungen aus? Es sind recht kleine Kutter da rüber, und je nach Windlage fahren die vielleicht nicht oder erheblich verspätet?
Tja, nach England kann man durch einen Tunnel fahren und ist unabhängig von Wind und Wetter.
Aber nein, wir fahren ja nicht schon wieder nach England.

Norwegen im Winter ist eigentlich ganz toll. Die haben Schnee - schönen Schnee. Vor einigen Jahren sind wir schon einmal im Januar in Oslo so gut wie eingefroren und haben uns deshalb von einem gemütlichen Café ins nächst gerettet. Das war auch ziemlich gemütlich - und teuer! 
Bei dem Gedanken an norwegische, warm-blockhaushölzerne Gemütlichkeit (was für eine Wortschöpfung!) bleibe ich allerdings hängen. Dann wird es halt noch einmal eine Passage mit der Color Line von Kiel nach Oslo - betrachtet unter dem Aspekt: Wir lassen es essenstechnisch mal so richtig krachen und buchen hin und zurück das große skandinavische Buffet. 
In Oslo wollte ich schon immer mal im Holmenkollen Parkhotel wohnen - hoch oben am berühmten Sprungschanzenberg, mit Blick über die Stadt und den Oslofjord. Gemütliche Stuben genießen, urig wohnen, doch mit modernen Zimmern, in der Sauna schwitzen und die Color-Line-Buffet-Kalorien wieder abtrainieren beim Spaziergang auf dem Hausberg.
Der Plan steht - so gut wie. Morgen wird gebucht. Oder zumindest schonmal die Verbindungen und Hotelkapazitäten geprüft. Ich sollte mich dann daran erinnern, daß ich meinen Kunden immer wieder predige, sich mit dem Buchen nicht so viel Zeit zu lassen, weil die Preise stetig steigen. Dasselbe gilt natürlich auch für mich. Ich könnte direkt jetzt buchen - habe Zugriff auf alle meine Reservierungssysteme von hier zu Hause aus.
Aber ich bin ja mein schrecklichster Kunde und überlege nochmal.

Und jetzt bist du dran. 

Aus den ganzen Ideen oben kannst du doch sicher auch was Schönes für deinen Urlaub ziehen. Zumindest dafür war dann doch meine ganze Reiseplanung gut.







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