Die ersten Touristen - Oder: Keine Angst vorm Reisen

Breaking News..... Deutschland hat seine Reisefreiheit wieder. Nun ja, nicht für die ganze Welt, aber seit dem 15.6. zumindest wieder innerhalb der EU.
Ich konnte mir früher nicht vorstellen, was es für die DDR-Bürger bedeutet hat, nirgendwo hinreisen zu dürfen als in die Länder, die der Staat zum besuchen freigegeben hat.
Heute kann ich es nachvollziehen, wobei wir ja „nur“ 3 Monate zu Hause angebunden waren. 
Als Bürger, der aufgrund einer Pandemie mal auf seinen Urlaub verzichten muss, könnte ich das auch aushalten, aber wenn man vom Tourismus lebt, ist das bedrohlich.
Wie oft habe ich mir anhören müssen, und muss es immer noch, dass Urlaub machen ein Luxusproblem ist. Für mich ist es aber die Existenz!
Seit dem 15.6. befinde ich mich nun zwischen den Stühlen, denn man darf wieder reisen, aber die meisten Kunden wollen das gar nicht. 
Wir mache ich ihnen also klar, dass mir die Gefahr, die Covid 19 bedeutet, sehr bewusst ist, man aber dennoch auch Vertrauen in einen sicheren Aufenthalt im Ausland haben darf? Und vor allem, dass ich natürlich möchte, dass meine Kunden gesund bleiben, aber bitte schön auch ihre Reisen nicht stornieren, jetzt, wo viele Grenzen geöffnet werden. 
Denn je mehr storniert wird, desto schlechter geht es mir, und damit meine ich nicht meine Gesundheit. Alle Reisebüro-Kollegen machen hier genau wie ich einen Spagat, bei dem man unten am Boden die Beine auch noch zur Seite hochklappt.
Gespreizter geht’s  nimmer!!!

Auch wenn man dann für den 12.6. bei einer Reise innerhalb Deutschlands noch 20 Teilnehmer im Bus übrig hat und am 22.6. noch 15 für eine Schweiz-Rundreise, dann gilt es zu entscheiden, ob man diese durchführen will oder kann.
Kann ich schon, aber zahle ich dann noch drauf?
Für beide Termin waren einmal 38 Personen gemeldet, und jetzt sind wir unter der Mindestteilnehmerzahl. 
Sowohl Politiker als auch viele Kunden sind der Meinung, durch die erhaltenen Stornokosten, die gezahlt werden, wenn man seine Teilnahme absagt, wäre doch alles ausgeglichen.
Schön wär‘s! Es liegen aber Garantiezahlungen bei Hotels und anderen Leistungsträgern im jeweiligen Reiseland. Daran denkt niemand. Und wenn ein Hotel geöffnet hat und seine Leistungen erfüllen kann, warum sollte man mir also die gezahlten Gelder wieder erstatten,  nur weil ich die Reise absage?
Hat das jemand mal so betrachtet außer mir? 
Dann bleibt nur noch eine Tour aus Imagegründen, um zu retten was zu retten ist, und um den Kunden zu zeigen, dass man tatsächlich trotz Corona sicher reisen kann.
Wie das alles im Bus und in den Hotels vonstatten gegangen ist, das will ich hier nicht im Detail erzählen. Mir genügt, dass die Teilnehmer dieser Reise ausschließlich Positives berichten, sich höchstens sehr minimal bis gar nicht eingeschränkt gefühlt haben und alles perfekt gelaufen ist.
Mein Dank übrigens auch an Radio 91.2 Dortmund, die bei unserer Rückkehr ausschließlich begeisterte Kundenstimmen einfangen konnten. 
Was wir aber alle zusammen gespürt und erfahren haben ist eine Art Geburt des Tourismus. Überall, wo wir hinkamen, waren wir die ersten.
Auf der Autobahn war so gut wie kein Reisebus zu sehen. Ein Highlight, wenn uns mal einer entgegen kam. 
An der Schweizer Grenze der Willkommens-Kommentar, dass endlich mal wieder ein Busfahrer im Zollhäuschen erscheint, um seine Papiere abstempeln zu lassen.
An der Rastanlage ein erstaunter Ausruf der Mitarbeiterin: „Ein Reisebus! Wie toll ist das denn?“
Im Hotel dann ein noch herzlicheres Willkommen, denn wir sind die erste, wenn auch mini kleine Gruppe, die sich traut. Aber was gibt es denn sich zu trauen, wenn vor Ort alles rechtens und nach Vorschrift läuft? 
Auch wenn man es hätte provozieren wollen, es kam einfach kein Angstgefühl auf. Und das ist gut so.
Beim Besuch in Luzern ist der Stadtführer hellauf begeistert, dass er uns seine Stadt zeigen darf. In aller Ruhe und in beschaulicher Umgebung.
Endlich hat er wieder was zu tun!
Auf dem Ausflugsboot über den Vierwaldstättersee sind nur wenige Gäste an Bord. Platz für uns ohne Ende, kein Gedrängel und Gerangel um Aussenplätze. Und was soll ich sagen? Wir waren mal wieder die ersten.

Auch bei der Auffahrt auf die Schweizer Berge kamen wir uns vor wie bei einer Erstbesteigung. Jetzt verstehe ich, was für ein Gefühl die Bergpioniere  gehabt haben müssen, als sie den ersten 4000er erklommen haben. Na ja, für uns war es natürlich einfacher,  so mit Bergbahn und allem Komfort.
Aber auch oben auf dem Jungfraujoch kein Gedränge und mit uns nur ein paar weitere Menschen, die sich auch mal wieder in die Welt gewagt haben.
Beim Abstieg in die Ranft in Flüeli habe ich die Menschen zählen können, die da unten waren: Es waren 19. Also neben uns noch vier andere. 
So lässt sich Natur wirklich genießen.
Auf einer Schafsfarm in Niedersachsen haben uns die Schafe angeglotzt als hätten sie noch nie Menschen gesehen.
Auch die Pferde bei einer Kutschfahrt durch die Lüneburger Heide waren höchst verwundert, dass sie mal wieder ein paar Leute ziehen durften. Und sie hatten gar nicht so eine schwere Last, denn die Kutschen waren ja nicht voll ausgelastet. Wir waren die ersten wenigen, natürlich, und hatten die ganze Heide für uns. Was könnte schöner sein?
In Cuxhaven war schon etwas mehr los, aber dennoch hatte ich gefühlt den Großteil des Deiches für meine Gäste und mich alleine.

Die Meyerwerft in Papenburg konnte ohne Führung besichtigt werden, und immer nur maximal 25 Personen gleichzeitig. Huch! Das waren ja dann nur wir!? Überflüssig zu erwähnen, dass wir auch hier zu den ersten Touristen gehörten.

Mein Fazit - nein, es ist auch das Fazit meiner Gäste, die einfach mal raus aus ihrer Hütte wollten: So muss es den Engländern ergangen sein, die Ende  des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den meisten europäischen Zielen die ersten Touristen waren. Sie legten den Grundstein für den Tourismus. Dort, wo Adel und Königs urlaubten, da musste man auch hin!
Und da, wo meine Gäste und ich jetzt als Pioniere waren, da müsst ihr einfach auch hin! Auch wenn wir nicht zum Adel gehören, dem man nacheifern will, ein tolles Gefühl ist es trotzdem, wenn man es uns nachmacht.
Auf geht’s. Die Welt ist schön. Man verpasst einfach zuviel, wenn in einem die Angst regiert. 
Angst macht krank - Reisen, mit einer Portion Besonnenheit, heilt Wunden und lässt schlechte Zeiten rasch verblassen.

BITTE! Reist wieder! Und das nicht nur im eigenen Land. Auch das Ausland möchte doch  seine Gäste und seine Bevölkerung nicht gefährden. Das sollte man nie vergessen.











Kommentare

Beliebte Posts