Verwirrt-fasziniert-erschüttert: Mein Tag in Belfast
Mein Tag in Belfast beginnt mit einer Rundfahrt durch alle Teile der Stadt. Stadtführer Rainer beginnt sehr geschickt mit der Geschichte
der „Troubles“, um die traurigen Kapitel abgehakt zu haben, bevor wir uns am Nachmittag dann mit schöneren Themen beschäftigen dürfen,
wie der Queens Universität, der Burg, dem Botanischen Garten und dem Titanic-Museum. Nun gut, das Kapitel ist auch traurig, aber das
Museum ist toll.
Ich war bereits zweimal in Belfast, aber es ist nicht viel hängen geblieben, außer den Eindrücken von der „Peace Wall“, der Friedensmauer.
Die verwirrte mich schon damals, und ich wusste was da auf mich zukommt, aber wenn man wieder einmal davor steht, dann kann man
einfach nicht begreifen, was da in den Köpfen der Menschen vorgegangen ist und noch vorgeht. Ich darf dazu einen Gedanken auf die Mauer kritzeln.
Du meine Güte, ich habe mich noch nie auf einem Bauwerk verewigt.
Ich bin erschüttert, daß es wieder einmal die Religion ist, die aus manchen Menschen richtig Böses herausholt, oder besser gesagt, was
Menschen meinen, das ihre Religion von ihnen will.
Da müssen Katholiken vor Protestanten geschützt werden und umgekehrt. Das muß man erstmal sacken lassen. Ich muß mich vor meinem Nachbarn schützen, weil der katholisch ist und ich nicht - oder eben umgekehrt.
Da wird auf einer grünen Wiese ein Mensch erschossen, weil er vielleicht mit einem anderen Ritual seine Messe feiert als der nebenan.
Jemand kommt ihm zu Hilfe und wird dann auch erschossen! Wie kommt man denn nur an einen solchen Punkt in seinem Leben, daß man so handeln kann? Ich kann das alles nicht verstehen!
Kinder müssen geschützt zur Schule geleitet werden und man fühlt sich sicherer mit Mauer als ohne???
All diese Geschichten, die in ihrer drastischen Härte aber mittlerweile vorbei sind, kommen mir in den Sinn während ich diese Mauer ansehe.
Und noch weiter verwirrt mich, wenn unser Stadtführer sehr oft darauf hinweist, ob wir gerade ein katholisches oder protestantisches Viertel durchfahren.
Die linke Seite so, die rechte so. Beim etwa fünften Wechsel verliere ich die Orientierung. Wenn ich jetzt auf Wohnungssuche wäre, wüsste ich nicht, wohin mit mir.
Nun wird es wirklich Zeit, sich etwas Schönerem zu widmen.
Belfast ist in meinen Augen, obwohl es nicht riesig ist, sehr weitläufig. Die sehenswerten Dinge stehen nicht alle um die Ecke, schön aneinander aufgereiht, sondern in alle Himmelsrichtungen versprengt.
Das Uni-Viertel im Süden, die Burg ganz im Norden, das Parlament im Osten.
Ein richtig schöner Wohlfühlort ist die Burg hoch über der Stadt.
11 Katzen sollen im Schloßpark verteilt dekoriert sein, damit es auch in Zukunft für die Besitzer (Besucher auch?) Glück regnet.
Apropos Regen. Der ist heute so gut wie ausgeblieben, obwohl er uns versprochen wurde. Das irische Wetter hält halt auch nicht immer was es verspricht. Zum Glück! Aber da haben wir ja schon die Lösung. Die Katzen im Schloßpark müssen es gewesen sein. Es wirkt also doch auch für Besucher.
„Let´s paint everything green“ ist eigentlich das Motto am St. Patrick´s Day, dem Nationalfeiertag in Irland im März. Am Rathaus in Belfast scheint man das jeden Abend umzusetzen. Es glüht herrlich grün und überrascht uns angenehm schon beim ersten Abendspaziergang.
1912 einem Eisberg zum Opfer gefallen ist, wurde hier erschaffen. Ein Museum dazu ist eine, wenn nicht sogar DIE Attraktion der Stadt. Ein Mitmach-Tempel, äußerlich im Gewand eines Eisbergs, verspricht und hält Erlebnis hautnah. In einer Art Gondel schwebt man durch die Werfthalle und beobachtet die harte Arbeit der Werksleute. Da erzählt einer, daß 54 Wochenstunden ihn beim Hämmern am Ende taub vom elend lauten Umfeld haben werden lassen.
Bemerkenswert ist die Kleidung der augenscheinlichen Befehls- und Auftraggeber: Man delegiert mitten zwischen dem arbeitenden Volk im Anzug mit Hut.
Die Kabinen von der ersten bis zur dritten Klasse kann man ansehen, und ich stelle fest, die zweite Klasse war besser als auf mancher heutigen Fähre.
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