Mund-/Naseschutz für die Tölpel

Ich kann es mir schon denken: Anhand der Überschrift kommt bei dem einen oder der anderen der Verdacht auf, ich würde jetzt ziemlich anmaßend. 
Es ist aber nicht so wie es aussieht, denn bei der Maske geht es um mich, und bei den Tölpeln um die Basstölpel. Sie leben zu Zehntausenden in einer der größten Kolonien auf dem Bass Rock in Schottland vor der Küste von North Berwick.
Wie oft bin ich an diesem Ort schon vorbeigefahren, auf dem Weg in die Highlands, und sah diesen gleißend weiß schimmernden Block im Meer? 
Jedes Mal derselbe Gedanke: „Das Weiß kommt von der ganzen Vogelkacke, die dort abgeschossen wird. 
Nun war ich endlich da, habe an einer Bootstour rund um diesen Felsen teilgenommen  und weiß endlich, dass es zusätzlich auch das Weiß dieser Vögel ist, das den Felsen so hell schimmern lässt. 
Es sind immerhin Zehntausende! Mir fehlen die Worte für dieses Gewimmel, denn „beeindruckend, fantastisch, unglaublich“ treffen es nicht annähernd.
Man muss es selbst gesehen haben. 

Anstatt mit einem maximal 50 Personen fassenden Katamaran kann man eigentlich besser mit einem „inflatable boat“ fahren, muss dafür aber einen vollständig intakten Rücken haben, denn hier prescht man hart durch die See.
Dafür wird man aber dann auch mit einem Ausstieg und Aufenthalt auf der Insel belohnt. 
Fotografen werden sich die Linse kaputt knipsen.
Doch auch die gut  einstündige Katamaranfahrt  ist ein tolles Erlebnis. 
Wie die Hostienempfänger stehen wir in einer Reihe, die Hände ausgestreckt, um sie aber in diesem Falle desinfiziert zu bekommen. Wir sind ja in der Corona-Zeit unterwegs, da muss das sein. Maske auf und durch. Aus einer solch notwendigen Aktionen kann man auch eine unterhaltsame Angelegenheit statt ein lästiges Übel machen. Wir hatten unseren Spaß und fühlten uns gleichzeitig gut aufgehoben.  
Bei der Fahrt um den Felsen herum kommt man sehr nah an die Tiere heran und fragt sich, wer hier wen beobachtet, wenn die Geierchen einen so anschauen. Der Moderator an Bord erklärt es so:“ Die Jungtiere, die die Boote noch nicht kennen, sind noch irritiert. Die Alten hingegen denken sich eher: „Ach, die schon wieder.“
Es kommt auch gar keine Hektik auf. 
Für mich ist jetzt der Moment gekommen, in dem ich zum ersten Mal froh bin, dass uns Mund-/Naseschutz vorgeschrieben wurde, denn es stinkt erbärmlich. 
Meine Maske allein reicht mir gar nicht, und ich wickele mir zusätzlich einen Schal um. 
Einmal rund um den Felsen schippert uns der Kapitän.  
Es gibt wertvolle Erklärungen zu den Basstölpeln, ihren Gewohnheiten, der Aufzucht, und vor allem über die Arbeit des Scottish Seabird Centres, das sich hier um alles kümmert. Baby-Tölpelchen haben natürlich noch Flaum und sind eher dunkel. Ganz allmählich wird ihr Gefieder glatt und immer weißer. Wenn der schwarze Streifen in der Flügelmitte fast weg ist, dann darf man sich einen echten Tölpel nennen. 
Interessant ist auch, wie man erkennt, wie ein Basstölpel sich abflugbereit macht. Einfach spontan los fliegen geht nicht. Ginge sicher flugtechnisch schon, denn Wind ist hier immer genügend vorhanden zum Auftrieb, aber es muss wohl erst die Umgebung erkundet und quasi eine freie Startbahn geortet werden. Dazu schaut der Basstölpel eine relativ lange Zeit wie ein Hans-guck-in-die-Luft nach oben und findet dann irgendwie bald seinen „Slot“. 

Ich frage mich wirklich, wie sie es schaffen, Zusammenstöße zu vermeiden. Das ist ja schlimmer als auf der Autobahn zur Rush Hour. 
Ein tolles Erlebnis, viel zu kurz, geht zu Ende. Das nächste Mal muss es die längere Tour mit dem harten Schlauchboot werden. Mit der Gymnastik zur Rückenstärkung fange ich gleich an. Morgen. Oder nächste Woche. Oder nach Corona. 
Es wäre ja schon, wenn genau das schon morgen wäre. Das Ende von Corona. 
Aber reisen ist auch jetzt möglich. Ich beweise es mit meinen Gästen immer wieder aufs Neue. 
Und wenn wir es schaffen, wie die Basstölpel ohne Zusammenstöße aneinander vorbeizufliegen, also mit Abstand, dann sollte es doch alles wunderbar klappen. 
















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